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#3 Wenn du‘s spüren kannst!

Wie wir so im Interview sitzen und uns unterhalten, fallen mir wieder die Bilder und fotografischen Werke ein, die unten im Atelier auf dem Boden liegen. Ästhetische Aktfotografien, die Körper und Kunst, Sanftheit und Emotion zum Ausdruck bringen.

Nicht nur Chantal und ihr Körper ist auf den Bildern zu sehen. Auch die anderer Personen. Anderer Künstlerinnen, die ebenfalls an der Ausstellung beteiligt waren.


Im Dezember 2022 hattest du hier in Basel eine große Fotoausstellung. Mit acht weiteren Künstlerinnen hast du Werke unter dem Titel „Of Corse – Photographs“ präsentiert. Was verbirgt sich hinter dem Titel?

Der Titel ist eigentlich ein Wortspiel. Ganz stupide übersetzt, ist es halt wirklich „Fotografien von Korsika“. Es ist aber auch gespielt, mit „Of Course“, was so viel wie „natürlich“ oder „logisch“ bedeutet.

Es zeigt die Simplizität von einem Konzept, welches eigentlich gar kein Konzept ist. Es ist einfach: Künstlerinnen kommen an einem Ort zusammen und dann … Let it Flow! Ganz natürlich. Keine Anleitung, keine Strukturen, einfach zusammenkommen und schauen, was sich ergibt. Wir wollten einfach einen Titel, der genau das reflektiert.

Gab es auch andere Titelideen?

Ja, wir haben natürlich auch andere Titel gesucht. Haben aber gemerkt, wenn wir probieren, einen Titel zu finden, der etwas mit Körper, Nacktheit oder Analog-Fotografieren zu tun hat, geht das verloren, worum es uns eigentlich geht. Nämlich ums Fotografieren auf Korsika.

Es ist ja auch gar nichts anderes passiert! Ich habe eine Gruppe weiblich gelesene Personen eingeladen, die die gleichen Werte in der Fotografie haben. Ähnliche Interessen von Bildhaftigkeit. Ähnliche Geschichten oder Gründe, warum sie mit dem Selbstportrait arbeiten.


Neun Frauen*, ein Haus und einfach mal gemeinsam fotografieren. Das war also der Plan von Chantal. Im weiteren Verlauf unseres Gesprächs, erfahre ich, dass Chantal die acht anderen Künstlerinnen bis zu diesem Zeitpunkt nie persönlich kennengelernt oder gesehen hat. Sie kennen sich nur aus der Community auf Instagram. Nur aus einem virtuellen Rahmen.

“Ich habe das Haus gefunden und dachte mir: “Da will ich hin! Ich will dort mit Fotografinnen hin, die ich im echten Leben kennenlernen möchte!“

Diesen Impulsgedanken hat sie dann in die Tat umgesetzt. Sie hat das Haus gemietet und bei den Künstlerinnen angefragt.

„Es sind nicht nur die acht gefragt worden und es sind nicht nur die acht infrage gekommen, aber es sind die acht, die mir gefolgt sind. Die acht, die die Chance genutzt haben. Die einfach gefunden haben: „Das mach’ ich jetzt, ich trau’mich!“


War das nicht auch ein bisschen komisch für euch? Sonst fotografiert ihr wahrscheinlich eher intim und für euch. Dort dann im „großen“ Rahmen, mit anderen, die man gar nicht wirklich kennt?

Ja schon. Es war natürlich auch mit Unsicherheiten verbunden. Viele, die sehr introvertiert sind, haben sich schon auch gefragt: „Oh, was erwartet mich da? Neun Frauen auf einem Haufen. Ich weiß ja nicht. Was, wenn sie mich nicht gernhaben oder ich schlechte Fotos mache?“ Da kommt natürlich auch kribbeln und Nervosität auf.

War euch zu diesem Zeitpunkt klar, dass ihr aus euren dort entstehenden Werken eine Ausstellung macht?

Nein, niemand hat gewusst, dass es eine Ausstellung geben wird. Als ich das Haus gesehen und gemietet habe, ist noch gar nichts von einer Ausstellung auf dem Tisch gewesen.

Ein kleines Experiment? Was passiert, was machen wir … Kreativität rauslassen und so?

Genau. Und ich wollte auch einfach viele von den Leuten in echt kennenlernen. Zeit haben, mit ihnen zu fotografieren. Das hat mich total begeistert.

Erst danach habe ich die Connection zur Stiftung KBH Geiger und ein Angebot gehabt: „Bring ein Portfolio von der Woche“, hieß es dann.

Ich habe ganz bewusst niemandem etwas davon erzählt. Sonst geht man mit ganz anderen Gedanken an so ein Projekt ran. Dann gehst du auf die Insel und bist nur gestresst: „Ich muss jetzt eine super gute Arbeit abliefern“ und so.

Ich wusste, ich darf niemandem etwas davon erzählen, sonst gibt es nur unnötig viel Druck.

Das stimmt. Das Kenn’ ich gut.

Das ist 100 % so. Ich habe es selber nur im Hinterkopf behalten: „Vielleicht findet es ja gar nicht statt. Ich fotografiere einfach das, worauf ich Lust habe.“

Das habe ich dann auch die ganze Woche gemacht. Und dabei sind Hunderte und Tausende Bilder entstanden.

Wann haben die anderen von der Möglichkeit einer Ausstellung erfahren?

Erst am letzten Abend auf Korsika. Wir waren alle so: „Oh mein Gott, was machen wir nur mit den vielen Bildern?“.

Das meiste konnte man auch nicht auf Instagram zeigen. Wir haben sehr viel Akt fotografiert. Um es posten zu können, hätten wir alles halb durch scribbeln müssen. Das wär einfach schade gewesen!

Und so haben wir gemeinsam überlegt, was wir machen können: ein Buch, eine Riesenausstellung, eine Korsika-Ausstellung!

Erst dann habe ich von dem Angebot der Stiftung erzählt.


Chantal Convertini – Ein Interview in Etappen – weiterlesen:

01 Von Leinwand zu Foto, von Foto zu Web

02 Den Raum lesen

04 Intimität, Gemeinschaft, Angst und Mut

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